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Mindpacifique

Oddset

von | Jun 21, 2008 | Geschichten | 0 Kommentare

Handlungsexposé:

Oddset

1.Personen

Karl Hackett, 37 Jahre alt, britischer Grafiker, geschieden. Der einst so liebevolle Vater von zwei Kindern erliegt seiner Spiel- und Wettsucht. Hochverschuldet zieht sich die finanzielle Schlinge immer fester um seinen Hals.

2.Handlung

Karl ist ein Opfer einer unfassbaren Zugkatastrophe. Während die Passagiere um ihn herum bei lebendigen Leib verbrennen, überlebt er beinahe unverletzt. Er flieht aus dem brennenden Zug in einen nahe gelegenen Wald. Dort stößt er auf eine Telefonzelle.

3.Verwicklungen

Karl ruft anonym bei der Polizei an und gibt Hinweise auf einen terroristischen Anschlag. Er warnt die Sicherheitskräfte, das wenn sie dem Zug zu nahe kämen noch mehr Sprengstoff explodieren würde. Karl möchte Zeit gewinnen um seinen Plan besser auszuarbeiten.

4.Szene und Hintergrund

Ein brennender und völlig zerstörter Zug, ein angrenzender Wald und eine Telefonzelle.

5.Atmosphäre

Dunkelheit, die Schreie der Verbrennenden, beißender Rauch, der Geruch nach verbrannten Fleisch. Und dann: absolute Ruhe, klare Luft und Sonnenuntergang.

6.Erzählen

Eine straffe Form des Erzählens mit einigen eingefügten Szenen bei wichtigen Erzählmomenten.

7.Ausdruck

Kurze und prägnante Sätze.

8.Motive

Wie Phönix aus der Asche möchte Karl Hackett in sein neues Leben aufsteigen. Unerkannt und ungeläutert.

9.Die Behandlung der Zeit

Vom Unfall bis zum Telefonat wird die Geschichte als erzählte Zeit = Erzählzeit erzählt.

10.Umfang

Eine Kurzgeschichte.

Szene:

Der Schock sitzt ihm noch tief in den Glieder. Er kann es nicht fassen. Gesund und munter. Er hat fast keinen Kratzer abbekommen. Er hustet und schluckt den Würgereiz hinunter. In seiner Nase klebt der Geruch von verbrannten Fleisch. Schleppend und stolpernd bahnt er sich den Weg durch das Gebüsch. Er tritt aus dem Wald auf eine kleine Landstraße. Geblendet hält er die Hand vor seine Augen. Die Sonne taucht gerade in die Erde ab und ist das Wahrzeichen von Schönheit. Hinter ihm sieht man dicke Rauchschwaden, einzelne Flammen züngeln sich dazwischen hinauf. Das Feuer kämpft weiter. Soweit er erkennen kann waren noch keine Rettungskräfte vor Ort. Die Stelle der Schienen ist schwer zu erreichen. Karl sieht sich um. Was mache ich hier? Ich könnte tot sein. Ich kann tot sein.

Das menschliche Gehirn arbeitet enorm schnell. Die nächtlichen komplexen Träume, die uns ewig erscheinen, sind das Resultat hektischster Gehrinaktivitäten in wenigen Sekunden. Genau so entstand dieser ungeheuerliche Plan. In wenigen Sekunden. Weg und Neu. Eine einfache Formel. Er geht die Straße entlang. Kein Auto und kein Mensch weit und breit, abgeschieden und ruhig. Das Quietschen des Zuges und die Schreie der Verbrennenden klingen noch in seinen Ohren. Und da steht sie. Eine Telefonzelle. Ohne Zögern geht er hinein und wählt die Nummer der Polizei.

„Wenn ihre Leute dem Zug bei Paddington zu nahe kommen, werden noch weitere Sprengsätze gezündet. Der Zug soll brennen. Warten sie eine Stunde.“ Er legt auf. Das Salz seine Schweißes brennt in der Platzwunde am Kopf. Er wischt ihn weg. Er hat jetzt Zeit gewonnen. Sein Gehirn setzt seine Aktivität fort. Jemand muss ihm helfen so schnell wie möglich unterzutauchen. Oddset hat ihm seine Familie geraubt und seine Freunde. Seine richtigen Freunde. Im Wettbüro wird er immer mit großem Hallo begrüßt, aber das sind Bekannte. Helen wird ihm helfen. Sie hat sich von ihm getrennt, weil sie Angst hatte. Wenn er reuig um ihre Hilfe bittet wird sie ihn zurücknehmen. Und mit der Auszahlung seiner Lebensversicherung können sie ein neues Leben beginnen. Spanien, Portugal, Südamerika. Keine Gläubiger mehr. Er reibt sich die Hände und geht beschwingten Schrittes die Landstraße Richtung London runter. Bei der nächsten Gelegenheit wird er bei der Polizei anrufen und Karl Hackett als vermisst melden. Später wird Helen ihm helfen. Neues Spiel, neues Glück.