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Mindpacifique

Rathausmarkt in Augsburg

von | Dez 19, 2005 | Geschichten | 0 Kommentare

Augsburg im Sommer zur Mittagszeit auf dem Rathausmarkt.

Der Himmel ist blau, es ziehen nur vereinzelt ein paar Quellwölkchen vorbei. Der Platz ist belebt.

Die zwei Fenster und die Uhr des schlanken Glockenturms, der sich über den Marktplatz erhebt, erinnert an ein staunendes Gesicht, welches mit weitaufgerissenen Augen und nach Luft schnappenden Mund das Geschen unter sich verfolgt.

Einige Menschen gehen gezielt über den Markt, anderer schlendern ziellos umher und genießen die Atmosphäre.

In der Mitte des Marktes sind große Sonnenschirme aufgespannt.

Unter diesen sitzen gutgelaunte und erwartungsvolle Leute. Kleine Kinder toben zwischen den Tischen hindurch. Die Kellnerin bringt ihren Gästen kalte und große Getränke, große Eisbecher und ab und an trinkt auch ein ganz wagemutiger Gast einen heißen Kaffee. Vom Gedanken wird der Kellnerin innerlich noch heißer. In den verteilten Kinderwagen liegen Babys und kleine Kinder, die in der Mittagshitze vor Erschöpfung eingeschlafen sind. Nur ihre Mütter hören den leisen rasselnden Atem und das pfeifende Schnarchgeräusch ihrer Kinder und plaudern beruhigt mit ihren Freundinnen weiter. Hunde an langen Leinen schnüffeln um die Tische und Stühle herum, erwischen manchmal ein Stück heruntergefallener Waffel und schnappen diese gierig hinunter oder sie schlabbern an den rundherum aufgestellten Wassernäpfen und verjagen die umherpickenden Tauben. Graue Hauskatzen schnurren um die sitzenden Passanten oder liegen mit langgestreckten Körpern auf dem schattigen aufgeheizten Asphalt.

Die Gäste bestellen bunte und große Salatteller, denn trotz der Hitze haben sie Hunger, viele kommen aus den umliegenden Büros und Ladenlokalen und möchten am Mittag ein wenig von der Sonne genießen.

Der Glockenturm lauscht dem Scharren der Stühle auf dem Pflaster, wenn Gäste sich erheben und gehen und dasselbe Geräusch, wenn dankbare Gäste sich die freien Stühle ergattert haben und sich hinsetzten können. Der Turm nimmt das Klimpern der großen Geldbörse der Kellnerin wahr, wenn diese kassiert und sich über das üppige Trinkgeld freut, weil die Gäste bei einem solch schönen Wetter gutgelaunt und großzügig sind.

Er hört das klatschende Geräusch der Flip- Flops und das Klackern der Absätze der jungen Mädchen auf dem Pflaster.

Zwischen dem monotonen Stimmengewirr der Gäste hört er einen Hund bellen, ein lautes Gespräch, ein grelles Gekicher und dröhnendes Lachen. Manche Gäste rufen nach der Bedienung, die sich durch „Vorsicht!“- Rufe den Weg durch den Stuhldschungel erkämpft. Ein kleiner Junge wuselt durch die Gäste hindurch und balanciert stolz einen Apfel in seiner Hand. In der Luft liegt der ganz spezielle Geruch von Zigaretten im Sommer, heißem Asphalt und der Geschmack des neuesten Lipglosses.

Der majestätische Turm holt noch einmal tief Luft und setzt zum halbstündigen Gongschlag an.